So viel vorab, aktuell besitze ich gar kein „echtes“ Gravelbike, sondern habe eins meiner Räder mit einem Satz Challenge Almanzo Reifen getunt. Die Gabelscheide kann den 33er Pneu bequem aufnehmen. Wie alle Challenge Reifen war das Aufziehen nicht gerade ein Klacks. Der Hinweis, die fetten Gummiautobahnen erst mal eine Nacht ohne Schlauch aufzuziehen war hilfreich. Da mein Allrounder von Cube ohnehin schon die Pavé Sektoren der Paris-Roubaix Challenge überlebt hatte und nach drei Jahren intensiver Nutzung diverse, meist eher durch unsachgemäßes Abstellen oder unüberlegtes Handeln denn von rasanter Fahrweise verursachte Kampfspuren aufwies, sollte es auch den Trip in den Wald und auf den Acker überleben.

Im Spätsommer 2019 hatten wir uns bereits zur Gravelausfahrt „Moos, Schotter, Kies“ der Schicken Mütze in Düsseldorf (https://www.schickemuetze.de); leider war ich kurzfristig ausgefallen, so dass die anderen Gregarios die Wälder rund um Düsseldorf bereits erkundet hatten. Diese Route im Kopf tüftelte unser Road Captain eine wunderbare Strecke aus, die uns von Moers-Kapellen durch Heidelandschaften, den Ratinger Forst am Airport Düsseldorf, die Anhöhen bei Wülfrath und am Rhein entlang zurückführte. Auf dieser sehr vielfältigen Strecke ergaben sich unzählige Möglichkeiten, die Nische zwischen Rennrad und Mountainbike zu erproben.

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mich, sobald das Gelände fordernder und rauher wird, vieles an die Urzeiten des Mountainbikefahrens erinnert. Mein erstes MTB von Marin hatte 1991 keine Federung, sieht man von dem linkischen Körper eines zu schnell gewachsenen und schlaksigen Teenagers ab. Downhills mit Wurzeln und Steinen fühlen sich stark danach an. Offenbar ging es den anderen ähnlich, denn die steileren Abfahrten im Gelände waren alle geprägt von einer gewissen Vorsicht, so dass unser Patron bisweilen etwas verstimmt nachfragte, ob er auf einem Altherrenausflug gelandet sei. Unisono bilanzierten wir, dass Waldautobahnen, plattgetretene Fade und ebene, leicht geschotterte Wandertrails am meisten Spaß machen. Dessen unbenommen haben Boris und ich im Nachgang auch einige klassische MTB Trails bei Matsch und Regen, im Januar 2021 sogar Schnee, ausprobiert. Natürlich ist das geil. Aber ein vollgefedertes MTB mit geradem Lenker bietet schon mehr Sicherheit und Komfort im Gelände. Aber das muss jeder für sich entscheiden.

Der extrem ausgestellte Gravellenker an Ralfs Open U.P. bietet die beste beste Kontrolle über das Gerät. Zugegeben, ein kurzer Blick ins Feld der Cyclocrosser oder in diverse Fachzeitschriften zeigt schon, was technisch und fahrerisch möglich ist. Aber wie bei PCs, an den das größte Problem in der Regeln davor sitzt, sitzt beim Radfahren eben das größte Problem im Sattel. Technisch vorteilhaft sind die Einfachkurbeln am Canyon Grail und dem Open U.P. Deren noch breitere Reifen lassen im Bereich Luftdruck ebenfalls Einiges an Komfort rausholen. Helmut und Tom waren auf Canyon Inflite dabei, die sich ihren Crossergenen entsprechend wohl gefühlt haben. Mein Cube Attain GTC ließ sich ingesamt aufgrund einer ohnehin ziemlich  aufrechten Sitzposition gut fahren.

Gravel Bikes sind im Moment absolut im Trend, auch wenn einiges m.E. nach überhöht wirkt. Die Möglichkeit jedoch, einfach in den Wald abzubiegen, Shortcuts über Feldwege zu nehmen und den Asphalt hinter sich zu lassen, ist tatsächlich super. Natürlich stellt sich die Frage, wie viel Rad braucht Frau oder Mann? Meine Frau findet, ich habe genug Räder. Tom Ritchey findet, man braucht ein Rad und zwei plus x Laufradsätze. Dem kann ich einiges abgewinnen. Unbenommen von Flare am Lenker, breiten Gabelscheiden und Einfachkurbeln kann man viele Räder, gerade in Zeiten von Scheibenbremsen, recht gut umrüsten und den Horizont erweitern. Viel Spaß dabei.

 

 

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